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А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  A-Z

 

ist euch das nicht bekannt?
Kriemhilde weint noch immer um den von Nibelungenland.” (1773)

“Sie mag noch lange weinen,” sprach dawider Hagen:
“Er liegt seit manchem Jahre schon zu Tod erschlagen.
Den Kцnig von den Heunen mag sie nun lieber haben:
Siegfried kommt nicht wieder, er ist nun lange begraben.” (1774)

“Siegfriedens Wunden, die lassen wir nun stehn:
So lang Kriemhilde lebet, mag Schade wohl geschehn.”
So redete von Berne der Degen Dieterich:
“Trost der Nibelungen, davor so hьte du dich!” (1775)

“Wie soll ich mich behьten?”, sprach der Kцnig hehr,
“Etzel sandt uns Boten; was sollt ich fragen mehr?
Dass wir zu ihm sollten reiten in das Land.
Auch hat uns manche Mдre meine Schwester Kriemhild gesandt.” (1776)

“So will ich euch raten,” sprach wieder Hagen,
“Lasst euch diese Mдre doch zu Ende sagen,
Von Dieterich dem Herren und seinen Helden gut,
Damit wir wissen mцgen der Frau Kriemhilde Mut.” (1777)

Da gingen die drei Kцnige und sprachen unter sich,
Herr Gunther und Gernot und auch Herr Dieterich:
“Nun sag uns, von Berne du edler Ritter gut,
Was du wissen mцgest von der Kцnigin Mut.” (1778)

Da sprach der Vogt von Berne: “Was soll ich euch sagen?
Als dass ich alle Morgen weinen hцr und klagen
Die Kцnigin Kriemhilde in jдmmerlicher Not
Zum reichen Gott vom Himmel um des starken Siegfried Tod.” (1779)

“Es ist nun nicht zu wenden,” sprach der kьhne Mann,
Volker der Fiedler, “was ihr uns kund getan:
Lasst uns zu Hofe reiten und einmal dort besehn
Was uns schnellen Degen bei den Heunen mцge geschehn.” (1780)

Die kьhnen Burgonden hin zu Hofe ritten:
Sie kamen stolz gezogen nach ihres Landes Sitten.
Da wollte bei den Heunen gar mancher kьhne Mann
Von Tronje Hagen schauen, wie der wohl wдre getan. (1781)

Es war durch die Sage dem Volk bekannt genug,
Dass er von Niederlanden Siegfrieden schlug,
Aller Recken Stдrksten, Frau Kriemhildens Mann;
Drum wurde groЯes Fragen bei Hof nach Hagen getan. (1782)

Der Held war wohl gewachsen, das ist sicher wahr,
Von Schultern breit und Brьsten, gemischt war sein Haar
Mit einer greisen Farbe, von Beinen war er lang
Und schrecklich von Gesichte, er hatte herrlichen Gang. (1783)

Da schuf man Herberge den Burgonden-Degen;
Gunthers Ingesinde lieЯ man gesondert legen.
Das riet die Kцnigstochter, die ihm viel Hasses trug;
Daher man bald die Knechte in der Herberg erschlug. (1784)

Dankwart, Hagens Bruder, der war Marschall;
Der Kцnig sein Gesinde ihm fleiЯig anbefahl,
Dass er es wohl verpflege und ihm gebe genug:
Der Held von Burgonden ihm geneigten Willen trug. (1785)

Kriemhild die schцne mit dem Gesinde ging,
Wo sie die Nibelungen mit falschem Mut empfing;
Sie kьsste Geiselheren und nahm ihn bei der Hand.
Als Hagen das erschaute, den Helm er fester ьberband. (1786)

“Nach so getanem GruЯe,” sprach Hagen deswegen,
“Mцgen sich bedenken diese schnellen Degen:
Man empfдngt die Fьrsten ungleich und der Fьrsten Bann;
Eine schlimme Reise haben wir zu dieser Hochzeit getan.” (1787)

Sie sprach: “Seid willkommen dem der euch gern empfдht;
Eurer Freundschaft willen kein GruЯ an euch ergeht.
Sagt, was ihr mir bringet von Wormes ьberrhein,
Dass ihr mir so hцchlich hier willkommen solltet sein?” (1788)

“Was sind das fьr Mдren,” sprach Hagen dagegen,
“Dass euch Gaben sollten bringen diese Degen?
Da ich so reich euch wusste und kannte eure Macht,
Wie hдtt ich meine Gabe zu den Heunen wohl gebracht?” (1789)

“Nun frag ich um die Mдre weiter bei euch an:
Den Hort der Nibelungen, wohin ihr den getan?
Der war ja doch mein eigen, das ist euch wohlbekannt:
Den hдttet ihr mir sollen bringen her in Etzels Land.” (1790)

Meine Frau Kriemhilde, wahrlich schon mancher Tag war da,
Den Hort der Nibelungen, seit ich den nicht sah,
Den lieЯen meine Herren versenken in den Rhein:
Da muss er auch in Wahrheit bis zum jьngsten Tage sein.” (1791)

Da sprach die Kцnigin wieder: “Ich hatt es wohl gedacht,
Ihr habt mir noch wenig davon hieher gebracht,
Wiewohl er war mein eigen und ich sein weiland pflag;
Drum hab ich leide Stunden und manchen traurigen Tag.” (1792)

“Ich bring euch den Teufel!”, sprach da Hagen,
“Ich hab an meinem Schilde genug zu tragen,
Und an meinem Harnisch; mein Helm, der ist so licht,
Das Schwert in meinen Hдnden: Darum bring ich ihn euch nicht.” (1793)

* “So wars auch nicht gemeinet, dass ich das Gold begehre:
So viel hab ich zu geben, dass ich es leicht entbehre.
Eines Mords und Doppelraubes, die man an mir genommen,
Dafьr mцcht ich Arme zu lieber Vergeltung kommen.” (1794)

Da sprach die Kцnigstochter zu den Recken allzumal:
“Man soll keine Waffen tragen in dem Saal;
Vertraut sie mir, ihr Helden, zur Verwartung an.”
“Wahrhaftig,” sprach da Hagen, “das wird nimmer getan.” (1795)

“Ich begehre nicht der Ehre, Fьrstentochter mild,
Dass ihr zur Herberge traget meinen Schild
Und ander Streitgerдte; ihr seid eine Kцnigin:
So lehrte mich mein Vater, dass ich selbst ihr Hьter bin.” (1796)

“O weh dieses Leides!”, sprach da Kriemhild:
“Warum will mein Bruder und Hagen seinen Schild
Nicht bewahren lassen? Gewiss, sie sind gewarnt:
Und wьsst ich wers gewesen, den hielte der Tod umgarnt.” (1797)

Im Zorne gab ihr Antwort Dieterich sogleich:
“Ich bin es, der gewarnt hat die edeln Fьrsten reich,
Und Hagen auch den kьhnen in der Burgonden Bann:
Nur zu, du Braut des Teufels, du tust darum mir kein Leid an.” (1798)

Da schдmte sich gewaltig die edle Kцnigin;
Sie fьrchtete gar ьbel Dietrichens Heldensinn.
Sie ging schnell von dannen, nichts mehr sprach sie da,
Nur dass sie nach den Feinden mit geschwinden Blicken sah. (1799)

Da nahmen bei den Hдnden zwei der Degen sich,
Der eine war Hagen, der andre Dieterich.
Da sprach wohlgezogen der Degen allbereit:
“Eure Reise zu den Heunen, die ist in Wahrheit mir leid, (1800)

Da die Kцnigin also zu euch gesprochen hat.”
Da sprach von Tronje Hagen: “Noch wird zu allem Rat.”
So redeten einander die kьhnen Degen an.
Das sah der Kцnig Etzel, der gleich zu fragen begann: (1801)

“Die Mдre wьsst ich gerne,” befrug der Kцnig sich,
“Wer jener Recke wдre, den dort Herr Dieterich
So freundlich hat empfangen; wohl trдgt er hoch den Mut;
Wie auch sein Vater heiЯe, er mag wohl sein ein Recke gut.” (1802)

Da gab dem Kцnig Antwort einer aus Kriemhilds Bann:
“Von Tronje ist er geboren, sein Vater hieЯ Aldrian;
Wie heiter er gebare, er ist ein grimmer Mann:
Er lдsst euch wohl noch schauen, dass ich keine Lьge getan.” (1803)

“Wie soll ich das erkennen, dass er so grimmig ist?”
Noch hatt er keine Kunde von mancher argen List,
Die wider ihre Freunde die Kцnigin spann,
Dass aus dem Heunenlande ihr auch nicht einer entrann. (1804)

“Wohl kannt ich Aldrianen, er war mein Untertan,
Lob und groЯe Ehre er hier bei mir gewann:
Ich macht ihn selbst zum Ritter und gab ihm meinen Sold;
Weil er sich treu erzeigte, war ich ihm von Herzen hold. (1805)

“Daher ist mir von Hagen auch alles wohlbekannt.
Zwei edle Kinder bracht ich als Geisel in das Land:
Ihn und von Spanien Walther; die wuchsen hier heran.
Hagen sandt ich wieder heim, Walther mit Hildegund entrann.” (1806)

Er gedachte lieber Mдre und was vordem geschehn;
Seinen Freund von Tronje, wohl hat er den gesehn,
Der ihm in seiner Jugend oft groЯe Dienste bot:
Jetzt schlug er ihm im Alter viel lieber Freunde zu Tod. (1807)



29. Abenteuer
Wie Hagen nicht vor Kriemhilden aufstand


Da schieden auch die beiden werten Recken sich,
Hagen von Tronje und Herr Dieterich.
Ьber die Achsel blickte Gunthers Untertan
Nach einem Heergesellen, den er da bald sich gewann. (1808)

Er sah da Volkern bei Geiselheren stehn,
Den zieren Fiedelspieler, und bat ihn mitzugehn,
Weil er wohl erkannte seinen grimmen Mut:
Er war in allen Dingen ein Ritter kьhn und auch gut. (1809)

Man lieЯ die Herrn noch immer auf dem Hofe stehn.
Die beiden ganz alleine sah man von dannen gehn
Ьber den Hof hin ferne vor einen Pallas weit:
Die Auserwдhlten scheuten sich vor niemandes Streit. (1810)

Sie saЯen vor dem Hause genьber einem Saal
(Der war Kriemhilden) auf eine Bank zu Tal.
Da glдnzt' an ihrem Leibe ihr herrlich Gewand;
Gar manche die das sahen hдtten sie wohl gern gekannt. (1811)

Gleich den wilden Tieren gaffte sie da an,
Die vermessnen Helden, mancher Hennenmann.
Da sah sie durch ein Fenster Etzels Kцnigin:
Sich trьbte da von neuem der schцnen Kriemhilde Sinn. (1812)

Sie gedachte ihres Leides: Zu weinen hub sie an.
Darьber war verwundert das Volk in Etzels Bann:
“Was ihr so geschwinde getrьbt den hohen Mut?”
Da sprach sie: “Das tat Hagen, ihr Helden kьhn und auch gut.” (1813)

Sie sprachen zu der Frauen: “Wie ist das geschehn?
Wir haben euch noch eben wohlgemut gesehn.
Wдr er noch so verwogen, ders euch hat getan,
Befehlt ihr uns die Rache, den Tod mьsst er empfahn.” (1814)

“Dem wollt ich immer danken, der rдchte dieses Leid,
Was er nur begehrte, ich wдr dazu bereit.
Ich biete mich euch zu FьЯen,” so sprach das Kцnigsweib,
“Rдchet mich an Hagen, er verliere Leben und Leib.” (1815)

Schnell scharten sich die Kьhnen, sechzig an der Zahl.
Der Kцnigin zu Liebe wollten sie vor den Saal,
Und wollten Hagen schlagen, diesen kьhnen Mann
Und auch den Fiedelspieler; das ward einmьtig getan. (1816)

Als so gering den Haufen die Kцnigin ersah,
Grimmes Mutes sprach sie zu den Helden da:
“Von solchem Unterfangen rat ich abzustehn:
Wohl dьrft ihr in so kleiner Zahl mit Hagen nicht streiten gehn. (1817)

“So stark auch und gewaltig von Tronje Hagen sei,
Noch ist bei weitem stдrker, der ihm da sitzet bei,
Volker der Fiedler, das ist ein ьbler Mann:
Wohl dьrft ihr diesen Helden nicht mit so wenigen nahn.” (1818)

Als sie die Rede hцrten scharten sich ihrer mehr,
Vierhundert Recken. Der Kцnigstochter hehr
Lag sehr am Herzen die Rache fьr ihr Leid.
Dadurch ward bald den Degen viel Not und Sorge bereit. (1819)

Als sie ihr Heergesinde wohl bewaffnet sah,
Zu den schnellen Degen sprach die Kцnigin da:
“Nun harret eine Weile, ihr sollt noch stille stehn:
Ich will unter Krone hin zu meinen Feinden gehn. (1820)

So mцgt ihr selber hцren was mir hat getan
Hagen von Tronje in Kцnig Gunthers Bann.
Ich weiЯ ihn so vermessen, er leugnets nimmermehr:
So frag ich auch nicht weiter was ihm geschehe nachher.” (1821)

Da sah der Fiedelspieler, der wunderkьhne Mann,
Die edle Kцnigstochter von einer Stiege nahn,
Die aus dem Hause fьhrte. Als er das ersah,
Zu seinem Heergesellen sprach der kьhne Volker da: (1822)

“Nun schaut, Freund Hagen, wie von dorten naht,
Die uns ohne Treue ins Land geladen hat.
Ich sah mit einer Kцnigin noch nie so manchen Mann
Die Schwerter in den Hдnden also streitlustig nahn. (1823)

Wisset ihr, Freund Hagen, dass euch die Fraue grollt,
So will ich euch raten, dass ihr hьten sollt
Des Lebens und der Ehre; fьrwahr, das dьnkt mich gut:
Soviel ich mag erkennen ist ihnen zornig zu Mut. (1824)

Es scheinen auch die Meisten von Brьsten stark und breit:
Wer seines Lebens hьten will, der tu es noch beizeit.
Ich seh sie lichte Harnische an dem Leibe tragen.
Was sie damit meinen, das hцr ich niemanden sagen.” (1825)

Da sprach im Zornmute Hagen der kьhne Mann:
“Ich weiЯ wohl, es wird alles meinethalb getan,
Dass sie die lichten Waffen tragen an der Hand;
Vor denen aber reit ich noch in der Burgonden Land. (1826)

Nun sagt mir, Freund Volker, denkt ihr mir beizustehn,
Wenn mit mir streiten wollen die in Kriemhilds Lehn?
Das lasst mich erfahren so lieb als ich euch sei:
Ich steh euch immer wieder getreulich mit Diensten bei.” (1827)

“Gewiss ich will euch helfen,” sprach der Fiedelmann.
“Und sдh ich uns entgegen mit seinem ganzen Bann
Den Heunenkцnig kommen: Solang ich leben muss
Weich ich von eurer Seite aus Furcht auch nicht einen FuЯ.” (1828)

“Nun lohn euch Gott vom Himmel, viel edler Volker!
Wenn sie mit mir streiten, wes bedarf ich mehr?
Wollt ihr mir helfen wie ich jetzt vernommen,
So mцgen diese Recken fein behutsam nдher kommen.” (1829)

“Stehn wir auf vom Sitze,” sprach der Fiedelmann,
“(Sie ist doch eine Kцnigin) so sie nun kommt heran.
Wenn man diese Ehre der edeln Frauen tut
Um der Sitte willen, so heiЯt es jeglicher gut.” (1830)

“Nein! Wenn ihr mich liebet,” sprach dawider Hagen:
“Es mцchten diese Degen mit dem Wahn sich tragen,
Dass ichs aus Feigheit tдte und gedдchte wegzugehn:
Von meinem Sitze mein ich vor ihrer keinem aufzustehn. (1831)

“Dass wir es bleiben lassen, das ziemt uns ganz allein:
Soll ich dem Ehre bieten, der mir Feind will sein?
Nein, ich tдt es nimmer so lang ich leben soll!
In aller Welt, was frag ich wohl nach Kriemhildens Groll?” (1832)

Der frevle Hagen legte ьber die Schenkel hin
Eine lichte Waffe, aus deren Knaufe schien
Mit hellem Glanz ein Jaspis, grьner als das Gras.
Wohl kannte sie Kriemhilde, dass Siegfried einst sie besaЯ. (1833)

Als sie das Schwert erkannte, das schuf ihr groЯe Not.
Von Gold war sein GefдЯe, die Scheideborte rot.
Sie gedachte ihres Leides; zu weinen hub sie an:
Gewiss, das hatte darum der kьhne Hagen getan. (1834)

Volker der Schnelle zog nдher an die Bank
Einen starken Fiedelbogen, mдchtig und lang,
Gleich einem Schwerte, scharf dazu und breit.
So saЯen unerschrocken die beiden Recken kьhn im Streit. (1835)

Die beiden kьhnen Degen dдuchten sich so hehr,
Dass sie von dem Sitze gedachten nimmermehr
Vor jemand aufzustehn. Ihnen schritt da vor den FuЯ
Die edle Kцnigstochter und bot unfreundlichen GruЯ. (1836)

Sie sprach: “Nun sagt mir Hagen, “hat nach mir gesandt:
Man ladete drei Degen her in dieses Land,
Die heiЯen meine Herren, ich steh in ihrem Lehn:
Bei keiner Hofreise pfleg ich daheim zu bestehn.” (1837)

Sie sprach: “Nun sagt mir ferner, was tatet ihr das,
Dass ihr es verdientet, dass ich euch trage Hass?
Ihr erschlugt Siegfrieden, meinen lieben Mann,
Den ich bins an mein Ende nicht genug beweinen kann.” (1838)

“Wozu der Rede weiter?”, sprach er, “es ist genug:
Ich bin halt der Hagen, der Siegfrieden schlug,
Den behenden Degen: Wie schwer er das entgalt,
Dass die Frau Kriemhilde die schцne Brunhilde schalt! (1839)

Ich will es auch nicht leugnen, reiche Kцnigin,
Dass ich an allem Ьbel und Schaden schuldig bin:
Nun rдch es, wer da wolle, es sei Weib oder Mann.
Ich mьsst es wahrlich lьgen, ich hab euch Leides viel getan.” (1840)

Sie sprach: “Da hцrt ihr Recken, wie er mir eingesteht
Mein Leid und seine Tьcke; wie's ihm deshalb ergeht,
Frag ich nun nicht weiter, ihr in Etzels Bann.”
Die ьbermьtgen Degen blickten all einander an. (1841)

Wдr da der Streit erhoben, so hдtte man gesehn,
Wie man den zwei Gesellen mьss Ehre zugestehn;
Das hatten sie in Stьrmen nicht selten dargetan.
Wes jene sich vermaЯen, das ging aus Furcht nun nicht an. (1842)

Da sprach der Recken einer: “Was seht ihr mich an?
Was ich zuvor gelobte, das wird nun nicht getan.
Ich verlier um niemands Gabe das Leben und den Leib:
Uns will wohl hier verleiten dem Kцnig Etzel sein Weib.” (1843)

Da sprach dazu ein andrer: “So steht auch mir der Mut.
Gдbe sie mir Tьrme von rotem Golde gut,
Diesen Fiedelspieler wollt ich nicht bestehn,
Der schnellen Blicken wegen, die ich an ihm hab ersehn. (1844)

Auch kenn ich diesen Hagen seit seinen jungen Tagen;
Man mag mir von dem Recken groЯe Dinge sagen.
In zweiundzwanzig Stьrmen hab ich ihn gesehn;
Da ist wohl mancher Fraue Herzeleid durch ihn geschehn. (1845)

Er und der von Spanien traten manchen Pfad,
Da sie hier bei Etzeln taten manche Tat
Dem Kцnig zu Liebe. Des ist viel geschehn:
Drum mag man Hagen billig groЯe Ehre zugestehn. (1846)

Damals war der Recke an Jahren noch ein Kind:
Da waren schon die Knaben wie jetzo Greise sind.
Nun kam er zu Verstande und ist ein grimmer Mann;
Auch trдgt er Balmungen, den er ьbel gewann.” (1847)

Damit wars entschieden, niemand suchte Streit;
Das war der Kцnigstochter im Herzen bitter leid,
Die Helden gingen wieder: Wohl scheuten sie den Tod
Von den zweien Degen; das tat ihnen wahrlich Not. (1848)

“Nun haben wir gesehen,” sprach der Fiedelmann,
“Dass wir hier Feinde finden wie uns ward kund getan.
Nun lasst uns zu den Kцnigen hin zu Hofe gehn,
So darf unsre Herren mit Streit wohl niemand bestehn.” (1849)

Wie man so manche Dinge aus Zagheit oft verlдsst,
Wo doch Freund beim Freunde mutig steht und fest!
Und ist er wohl bei Sinnen, dass er nicht also tut,
So nimmt die Ehre mancher vor Schaden weislich in Hut. (1850)

“Wohlan, ich will euch folgen,” sprach Hagen dagegen.
Da gingen hin die beiden, wo sie die zieren Degen
Noch harrend des Empfanges auf dem Hofe sahn.
Volker der kьhne hub da laut zu rufen an. (1851)

Er sprach zu seinen Herren: “Wie lange wollt ihr stehn
Und euch drдngen lassen? Ihr sollt zu Hofe gehn
Und von dem Kцnig hцren wie der gesonnen sei.”
Da sah man sich gesellen die Helden kьhn und tadelfrei. (1852)

Dietrich von Berne nahm da an die Hand
Gunther den reichen von Burgondenland:
Irnfried nahm Gernoten, diesen kьhnen Mann;
Da ging mit Rьdigeren Geiselher zu Hof heran. (1853)

Wie sich bei diesem Zuge paarte jeglicher,
Volker und Hagen, die schieden sich nicht mehr
Als noch in einem Kampfe bis an ihren Tod.
Das brachte edeln Frauen Trдnen noch und groЯe Not. (1854)

Da gingen mit den Kцnigen an den Hof heran
Ihres edeln Ingesindes kьhne tausend Mann;
Darьber sechzig Recken: Die waren mitgekommen;
Die hatt aus seinem Lande der kьhne Hagen genommen. (1855)

Hawart und Iring, zwei Degen ausersehn,
Die sah man bei den Kцnigen gesellt nach Hofe gehn:
Dankwart und Wolfhart, ein wackerlicher Degen,
Die sah man groЯer Tugend vor den Ьbrigen pflegen. (1856)

Als der Vogt vom Rheine in den Pallas ging,
Herr Etzel der reiche das lдnger nicht verhing:
Er sprang von seinem Sitze, als er ihm kommen sah.
Ein GruЯ, ein so recht schцner, nie mehr von Kцnigen geschah. (1857)

“Willkommen mir, Herr Gunther und Herr Gerenot
Und euer Bruder Geiselher, die ich hieher entbot
Mit GruЯ und treuem Dienste von Wormes ьberrhein,
Und all das Heergesinde, das soll mir willkommen sein. (1858)

Lasst euch auch Willkommen, ihr beiden Recken, sagen,
Volker der kьhne und der Degen Hagen,
Fьr mich und fьr die Kцnigin hier in diesem Land;
Sie hat euch manchen Boten hin zum Rheine gesandt.” (1859)

Da sprach von Tronje Hagen: “Das haben wir vernommen:
Wдr ich mit meinen Herren zu den Heunen nicht gekommen,
So wдr ich euch zu Ehren geritten in das Land.”
Da nahm der edle Kцnig die lieben Gдste bei der Hand. (1860)

Er fьhrte sie zum Sitze bin wo er selber saЯ.
Da schenkte man den Gдsten, fleiЯig tat man das,
In weiten goldnen Schalen Met, Morass und Wein,
Und hieЯ die fremden Degen hцchlich willkommen sein. (1861)

Da sprach der Kцnig Etzel: “Fьrwahr ich muss gestehn,
Mir konnt auf dieser Erde nicht Lieberes geschehn,
Als durch euch, ihr Recken, dass ihr hierher gekommen.
Damit ist auch der Kцnigin ihre Hohe Trauer benommen. (1862)

Mich nahm es immer Wunder, was ich euch wohl getan.
Da ich der edeln Gдste so manche doch gewann,
Dass ihr nie zu reiten geruhtet in mein Land;
Nun ich euch gesehen, ist mirs zu Freuden gewandt.” (1863)

Da versetzte Rьdiger, ein Ritter hochgemut:
“Ihr sollt sie gern empfahen, ihre Treue, die ist gut.
Wohl mцgen hoher Ehren meiner Fraue Brьder pflegen:
Sie bringen euch zu Hause manchen waidlichen Degen.” (1864)

Am Sonnenwende-Abend waren sie gekommen
An Etzels Hof, des reichen. Noch selten ward vernommen
Von so hohem GruЯe, womit er sie empfing.
Nun war es Zeit zum Essen: Der Fьrst zu Tisch mit ihnen ging (1865)

Ein Wirt bei seinen Gдsten sich nie so hold betrug.
Zu trinken und zu essen gab man ihnen genug;
Was sie nur wьnschen mochten, das wurde gern gewдhrt.
Man hatte von den Helden viel groЯe Wunder gehцrt. (1866)

* Der reiche Etzel hatte an ein Gebдude weit
Viel FleiЯ und Mьh gewendet und Kosten nicht gescheut:
Man sah Pallas und Tьrme, Gemдcher ohne Zahl
IN einer weiten Veste und einen herrlichen Saal. (1867)

* Den hatt er bauen lassen lang, hoch und weit,
Weil ihn so viel der Recken besuchten jederzeit
Auch ander Ingesinde, zwцlf reiche Kцnge hehr,
Und viel der werten Degen hatt er zu allen Zeiten mehr (1868)

* Als sie gewann ein Kцnig, davon ich noch vernahm.
Er lebte so mit Freunden und Mannen ohne Gram:
Turnei und Ritterspiele hatte der Kцnig gut
Durch manchen schnellen Degen; drum stand wohl hoch ihm der Mut. (1869)



30. Abenteuer
Wie Hagen und Volker Schildwacht standen



Der Tag war zu Ende, nun kam heran die Nacht:
Den reisemьden Recken war Sorge nun erwacht,
Wo sie ruhen sollten und in ihr Bette gehn.
Darьber fragte Hagen: Bescheid ist ihnen geschehn. (1870)

Gunther sprach zum Wirte: “Gott lass euchs wohlgedeihn:
Wir wollen schlafen gehen, mag es mit Urlaub sein.
Wenn ihr gebietet, kommen wir wieder morgen fruh.”
Der Wirt entlieЯ die Gдste wohlgemut zu ihrer Ruh. (1871)

Von allen Seiten drдngen man die Gдste sah;
Volker der Kьhne sprach zu den Heunen da:
“Wie dьrfet ihr uns Recken vor die FьЯe gehn?
Und wollt ihr das nicht meiden, so wird euch ьbel geschehn. (1872)

“So schlag ich dem und jenem so schweren Geigenschlag,
Hat er einen Treuen, dass ders beweinen mag.
Nun weichet vor uns Recken, fьrwahr, mich dьnkt es gut:
Es heiЯen alle Degen und haben doch nicht gleichen Mut.” (1873)

Als in solchem Zorne sprach der Fiedeler,
Sah der kьhne Hagen ьber die Achsel her;
Er sprach: “Euch rдt zum Heile der kьhne Fiedelmann:
Geht zu den Herbergen, ihr in der Kriemhilde Bann. (1874)

Wonach euch hier gelьstet, es fьgt sich nicht dazu:
Wollt ihr was beginnen, so kommt uns morgen frьh,
Und lasst uns Reisemьde heut der Ruhe pflegen:
Es geschieht wohl nimmer so willig mehr von einem Degen.” (1875)

Da brachte man die Gдste in einen weiten Saal.
Da fanden sie bereitet den Recken allzumal
Manches reiche Bette, lang genug und breit.
Gern schьf ihnen Kriemhild das allergrцЯte Leid. (1876)

Manche schmucke Decke von Arras da lag
Aus lichthellem Zeuche, und manches Ьberdach
Aus arabischer Seide, so gut sie mochte sein;
Darьber lagen Leisten, die gaben herrlichen Schein. (1877)

Viel Bettlaken fand man von Hermelin gemacht
Und von schwarzem Zobel, worunter sie die Nacht
Sich Ruhe schaffen sollten bis an den lichten Tag.
Ein Fьrst mit seinem Volke wohl nimmer herrlicher lag. (1878)

“O weh der Herberge!”, sprach Geiselher das Kind,
“Und weh meiner Freunde, die mit uns kommen sind.
Wie gut es meine Schwester mir auch hier erbot,
Wir gewinnen, fьrcht ich, alle von ihrem Hasse den Tod.” (1879)

“Nun lasst eure Sorge,” sprach Hagen der Degen,
“Ich will heunte selber der Schildwache pflegen
Und will euch wohl behьten bis an den lichten Tag:
Seid drum ohne Sorgen: Und mag es wenden, wer da mag.” (1880)

Da neigten sich ihm alle und sagten ihm den Dank.
Sie gingen zu den Betten. Da wдhrt' es nicht lang
Bis in Ruhe lagen die Helden wohlgetan.
Hagen der Kьhne sich rasch zu waffnen begann. (1881)

Da sprach der Fiedelspieler, Volker der Degen:
“Verschmдht ihr nicht, Hagen, so will ich mit euch pflegen
Heunt der Schildwache bis an den lichten Tag.”
Da dankte Volkern der Degen gьtlich und sprach: (1882)

“Nun lohn euch Gott vom Himmel, lieber Volker,
Zu allen meinen Sorgen wьnsch ich niemand mehr
Als nur euch alleine, befahr ich irgend Not:
Ich will es wohl vergelten, es verhьt es denn der Tod.” (1883)

Da warfen sich die beiden in ihr licht Gewand.
Da fasste jedweder den Schild an seine Hand:
Sie gingen aus dem Hause vor die Tьre stehn
Und hьteten der Gдste; das ist mit Treue geschehn. (1884)

Volker der Schnelle legte von der Hand
Seinen Schild den guten an des Saales Wand:
Dann wandt er sich zurьcke, wo seine Fiedel war
Und diente seinen Freunden: Das ziemt ihm trefflich fьrwahr. (1885)

Er saЯ auf einem Steine unter des Hauses Tor.
So kьhnen Fiedelspieler sah man nie zuvor:
Als der Saiten Tцnen ihm so sьЯ erklang,
Die stolzen Heimatlosen, die sagten des Volkern Dank. (1886)

Da klangen seine Saiten, dass all das Haus erscholl.
Seine Kraft uns sein Geschicke, die waren beide voll:
SьЯer immer sьЯer zu geigen er begann;
So spielt' er in den Schlummer gar manchen sorgenden Mann. (1887)

Da sie entschlafen waren und Volker das befand,
Da nahm der Degen wieder den Schild an die Hand
Und ging aus dem Hause vor die Tьre stehn,
Die Gдste zu bewahren vor denen in Kriemhildens Lehn. (1888)

Nach dem ersten Schlafe, wenn es erst da geschah,
Volker der kьhne Helme glдnzen sah
Fernher durch das Dunkel: Die in Kriemhilds Bann
Hдtten an den Gдsten gerne Schaden getan. (1889)

* Bevor da Kriemhilde die Recken abgesandt,
Sprach sie: “Wenn ihr sie findet, so seid um Gott ermahnt,
Dass ihr niemand tцtet als den einen Mann,
Hagen den Ungetreuen: Die andern rьhret nicht an.” (1890)

Da sprach der Fiedelspieler: “Freund Hagen, hцret mich,
Wir tragen diese Sorge selbander ritterlich.
Ich sehe Volk in Waffen vor dem Hause stehn:
So viel ich mag erkennen, so wollen sie uns hier bestehn.” (1891)

“So schweiget,” sprach da Hagen, “erwarten wir sie hier.
Eh sie uns gewahren wird ihrer Helme Zier
Zerschroten mit den Schwertern von unser beider Hand:
Sie werden Kriemhilden ьbel wieder heimgesandt.” (1892)

Der Heunenrecken einer das gar bald ersah,
Die Tьre sei behьtet: Wie balde sprach er da:
“Was wir im Sinne hatten kann nun nicht geschehn:
Ich seh den Fiedelspieler vor dem Hause Schildwacht stehn. (1893)

Der trдgt auf dem Haupte einen Helm von lichtem Glanz.
Der ist hart und lauter, stark dazu und ganz;
Ihm glьhn die Panzerringe wie das Feuer tut.
Daneben steht auch Hagen: Die hьten wohl der Gдste gut.” (1894)

Da wandten sie sich wieder. Als Volker das ersah,
Zu seinem Heergesellen zornig sprach er da:
“Nun lasst mich von dem Hause zu den Recken gehn:
So frag ich um die Mдre die in der Kriemhilde Lehn.” (1895)

“Nicht doch, wenn ihr mich liebet,” sprach Hagen dagegen,
“Wenn ihr das Haus verlieЯet, diese schnellen Degen
Brдchten euch mit Schwertern leicht in solche Not,
Dass ich euch helfen mьsste, wдrs aller meiner Freunde Tod. (1896)

“Wenn wir dann beide gerieten in den Streit,
So drдngen ihrer viele oder vier in kurzer Zeit
Leichtlich zu dem Hause und schьfen solche Not
An den Schlafenden drinnen, dass wir bereuten bis zum Tod.” (1897)

Da sprach wieder Volker: So lasst es nur geschehn,
Dass sie inne werden, wir haben sie gesehn:
So kцnnen uns nicht leugnen die in Kriemhilds Bann,
Dass sie an den Gдsten gern untreu hдtten getan.
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