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des sagten sie den Frauen Dank. (380)

* Vor wen sie immer kamen, die mussten all gestehn,
Sie hдtten nie auf Erden besser Gewand gesehn.
Drum mochten es die Helden zu Hofe gerne tragen:
Von besserm Ritterstaate wusste niemand mehr zu sagen. (381)

Wohl ward den schцnen Maiden groЯer Dank gesagt.
Da baten um den Urlaub die Recken unverzagt;
In ritterlichen Zьchten taten die Herren das.
Da wurden lichte Augen trьb von Weinen und nass. (382)

Sie sprach: “Viel lieber Bruder, ihr bliebet besser hier
Und wьrbet andre Frauen; das schiene klьger mir;
Wo ihr nicht wagen mьsstet das Leben und den Leib.
Ihr findet in der Nдhe wohl ein so hoch geboren Weib.” (383)

Dass ihnen Leid hier sprieЯe, das Herz tats ihnen kund.
Sie mussten alle weinen, was reden mocht ein Mund.
Das Gold vor ihren Brьsten ward von Trдnen fahl:
Die fielen ihnen dichte von den Augen zu Tal. (384)

Da sprach sie: “Herr Siegfried, lasst euch befohlen sein
Auf Treue und auf Gnade den lieben Bruder mein,
Auf dass ihn nichts gefдhrde in Brunhildens Land.”
Das versprach der Kьhne Frau Kriemhilden in die Hand. (385)

Da sprach der reiche Degen: “So lang mein Leben wдhrt
Seit seintwegen, Fraue, von Sorgen unbeschwert.
Ich bring ihn euch geborgen wieder an den Rhein:
Das dьrft ihr sicher glauben.” Da dankt' ihm schцn das Mдgdelein. (386)

Die goldfarbnen Schilde trug man an den Strand,
Und brachte zu dem Schiffe all ihr Rьstgewand;
Ihre Rosse lieЯ man bringen; sie wollten nun hindann.
Alsbald von schцnen Frauen groЯes Weinen begann. (387)

Da stand in den Fenstern manch minnigliches Kind;
Das Schiff mit seinem Segel ergriff ein hoher Wind.
Die stolzen Heergesellen saЯen auf dem Rhein;
Da sprach der Kцnig Gunther: “Wer soll nun Schiffmeister sein?” (388)

“Ich will es sein,” sprach Siegfried, “ich kann euch auf der Flut
Wohl von binnen fьhren, das wisset, Helden gut;
Die rechten WasserstraЯen, die sind mir wohl bekannt.”
So schieden sie frцhlich aus der Burgonden Land. (389)

Eine Ruderstange Siegfried bald gewann:
Vom Gestad zu schieben fing er krдftig an.
Gunther der Kьhne ein Ruder selber nahm.
Da huben sich vom Lande die schnellen Ritter lobesam. (390)

Sie fьhrten reiche Speise, dazu guten Wein,
Den besten, den sie finden mochten um den Rhein.
Die Rosse standen eben; sie hatten gute Ruh.
Das Schifflein auch ging eben: wenig Leid stieЯ ihnen zu. (391)

Ihre starken Segelseile wurden angestrengt:
Sie fuhren zwanzig Meilen, eh sich der Tag gesenkt,
Mit einem guten Winde nieder nach der See:
Ihr starkes Arbeiten tat noch schцnen Frauen weh. (392)

An dem zwцlften Morgen, wie wir hцren sagen,
Da hatten sie die Winde weit hinweg getragen
Nach Isenstein der Veste in Brunhildens Land.
Das war der Degen keinem als Siegfrieden nur bekannt. (393)

Als der Kцnig Gunther so viel der Burgen sah
Und auch der weiten Marken, wie balde sprach er da:
“Nun sagt mir, Freund Siegfried, ist euch das bekannt?
Wem sind diese Burgen und alle das herrliche Land? (394)

* “Ich hab in meinem Leben, das muss ich wohl gestehn,
So wohl gebauter Burgen nie so viel gesehn,
In irgend einem Lande, als wir hier ersahn:
Der sie erbauen konnte war wohl ein mдchtiger Mann.” (395)

Antwort gab ihm Siegfried: “Es ist mir wohl bekannt;
Es ist Brunhilden beides, die Burgen wie das Land,
Und Isenstein die Veste, glaubt mir fьrwahr:
Da mцgt ihr heute schauen schцner Frauen groЯe Schar. (396)

“Ich will euch Helden raten: Seid all von einem Mut
Und sprecht in gleichem Sinne, so dьnkt es mich gut;
Wenn wir nun heute vor Brunhilden gehn,
So mьssen wir mit Sorgen vor der Kцnigstochter stehn. (397)

“Wenn wir die Minnigliche bei ihren Leuten sehn,
Sollt ihr, erlauchte Helden, nur einer Rede stehn:
Gunther sei mein Herre und ich sein Untertan;
So wird ihm sein Verlangen nach seinem Wunsche getan.” (398)

Sie waren all willfдhrig zu tun wie er sie hieЯ,
In seinem Ьbermute es auch nicht einer lieЯ,
Sie sprachen, wie er wollte; wohl frommt' es ihnen da,
Als der Kцnig Gunther die schцne Brunhilde sah. (399)

* “Wohl tu ichs nicht so gerne um den Willen dein,
Als um deine Schwester, das schцne Mдgdelein:
Die ist mir wie die Seele und wie mein eigner Leib;
Ich will es gern verdienen, dass sie werde mein Weib.” (400)



7. Abenteuer
Wie Gunther Brunhilden gewann


Ihr Schifflein unterdessen war auf der Wogenflut
Zur Burg heran geschwommen; da sah der Kцnig gut
Oben in den Fenstern manche schцne Maid;
Dass er sie nicht erkannte, das war in Wahrheit ihm leid. (401)

Er fragte Siegfrieden, den Gesellen sein:
“Hдttet ihr wohl Kunde um diese Mдgdelein,
Die droben nach uns schauen hernieder auf die Flut?
Wie ihr Herr auch heiЯe, es sind Frauen hochgemut.” (402)

Da sprach der Herre Siegfried: “Nun sollt ihr heimlich spдhn
Nach den Jungfrauen, und sollt mir dann gestehen
Welche ihr nehmen wolltet, wдr euch die Wahl verliehn.”
“Das will ich,” sprach da Gunther, dieser Ritter schnell und kьhn. (403)

“So schau ich ihrer eine in jenem Fenster an,
Im SchneeweiЯen Kleide, die ist so wohlgetan:
Die wдhlen meine Augen um ihren schцnen Leib;
Wenn ich gebieten dьrfte, sie mьsste werden mein Weib.” (404)

“Dir hat recht erkoren deiner Augen Schein:
Es ist die edle Brunhild, das schцne Mдgdelein,
Nach der dein Herze ringet, dein Sinn und auch dein Mut.”
Ihre Gebдrden alle dдuchten Kцnig Gunthern gut. (405)

Da hieЯ die Kцnigstochter von den Fenstern gehn
Ihre herrlichen Maide: Sie sollten nicht da stehn
Zum Anblick fьr die Fremden; sie folgten unverwandt.
Was da die Frauen taten, das ist uns auch wohl bekannt. (406)

Sie zierten den fremden Gдsten sich entgegen
Wie zu allen Zeiten schцne Frauen pflegen:
Dann an die Fensterscharten traten sie heran,
Dass sie die Helden sдhen: Das war aus Neugier getan. (407)

* Nicht mehr als Viere waren, die kamen in das Land.
Siegfried der kьhne ein Ross zog auf den Strand.
Das sahen durch die Fenster die schцnen Frauen an:
GroЯe Ehre dдuchte sich Kцnig Gunther getan. (408)

* Er hielt ihm bei dem Zaune das zierliche Ross,
Das war gut und stattlich, stark dazu und groЯ,
Bis der Kцnig Gunther fest im Sattel saЯ.
Also dient' ihm Siegfried, was er doch spдter ganz vergaЯ. (409)

* Da zog er auch das seine aus dem Schiff heran;
Er hatte solche Dienste gar selten sonst getan.
Dass er am Stegreif Helden je gestanden wдr.
Das sahen durch die Fenster diese schцnen Frauen hehr. (410)

Es war in gleicher Weise den Degen allbereit
Von schneeblanker Farbe das Ross und auch das Kleid,
Dem einen wie dem andern, und schцn der Schilder Rand:
Die warfen hellen Schimmer an der edeln Recken Hand. (411)

So ritten sie herrlich vor Brunhildens Saal,
Ihre Sдttel wohl gesteinet, die Brustriemen schmal;
Daran hingen Schellen von lichtem Golde rot:
Sie kamen zu dem Lande wie ihre Tugend gebot. (412)

* Mit Speeren wohl geschliffen, mit Schwertern wohlgetan,
Die reichten den Kьhnen bis zum Sporn hinan.
Die Wohlgemuten fьhrten ihn scharf genug und breit:
Das alles sah Brunhilde, die viel herrliche Maid. (413)

Mit ihm kam da Dankwart und der Degen Hagen:
Diese Ritter trugen, wie wir hцren sagen,
Von rabenschwarzer Farbe ein reich gewirktes Kleid;
Neu waren ihre Schilde, gut, dazu auch lang und breit. (414)

Von India dem Lande trugen sie Gestein,
Das warf an ihrem Kleide auf und ab den Schein.
Sie lieЯen unbehьtet das Schifflein bei der Flut.
So ritten nach der Veste diese Heldenkьhn und gut. (415)

Sechsundachtzig Tьrme sahn sie darin zumal,
Drei weite Pfalzen und einen schцnen Saal
Von edelm Marmelsteine so grьn als wie das Gras,
Darin Brunhilde selber mit ihrem Ingesinde saЯ. (416)

Die Burg war erschlossen, weithin aufgetan;
Entgegen liefen ihnen die in Brunhilds Bann,
Die Gдste zu empfangen in ihrer Herrin Land.
Die Rosse nahm man ihnen und die Schilde von der Hand. (417)

Da sprach der Kдmmrer einer: “Gebt uns euer Schwert
Und die lichten Panzer.” “Das wird euch nicht gewдhrt,”
Sprach von Tronje Hagen, “wir wollens selber tragen.”
Da begann ihm Siegfried von des Hofs Gebrauch zu sagen: (418)

“In dieser Burg ist Sitte, das will ich euch sagen,
Dass die Gдste nimmer Waffen sollen tragen:
Lasst sie von hinnen bringen, das ist wohl getan.”
Ihm folgte wider Willen Hagen, Kцnig Gunthers Mann. (419)

Man lieЯ den Gдsten schдnken und schaffen gute Ruh.
Manchen schnellen Recken sah man dem Hofe zu
Allenthalben gehen in fьrstlichem Gewand:
Doch wurden nach den Kьhnen rings her die Blicke gesandt. (420)

* Da wurden auch Brunhilden gesagt die Mдren,
Dass unbekannte Recken gekommen wдren
In herrlichem Gewande geflossen auf der Flut;
Darob begann zu fragen diese Jungfrau schцn und gut: (421)

“Ihr sollt mich wissen lassen,” sprach das Kцnigskind,
“Wer die unbekannten Recken dorten sind,
Die ich stehen sehe so herrlich und hehr,
Und wem zu Leib die Helden wohl gefahren sind hieher.” (422)

Des Gesindes sprach da einer: “Frau, ich muss gestehn,
Dass ich ihrer keinen je zuvor gesehn;
Doch einer ist darunter, der Siegfrieds Weise hat:
Den sollt ihr wohl empfangen; das ist, Herrin, mein Rat. (423)

* Der andre der Gesellen, gar lцblich dьnkt er mich;
Wenn er die Macht besдЯe, zum Kцnig ziemt' er sich
Ob weiten Fьrstenlanden; die mag er wohl versehn.
Man sieht ihn bei den andern dort so recht herrlich stehn. (424)

* Der dritte der Gesellen, der ist von grimmem Sinn,
Doch auch von schцnem Wuchse, reiche Kцnigin.
Die Blicke sind geschwinde, deren so viel er tut:
Er hat in seinem Sinne, ich wдhne, grimmigen Mut. (425)

* Der Jьngste darunter, gar lцblich dьnkt er mich,
Man sieht den reichen Degen so recht minniglich
In jungfrдulicher Sitte und edler Haltung stehn:
Wir mьsstens alle fьrchten, wдr ihm ein Leid hier geschehn. (426)

* So freundlich er gebahre, so wohlgetan sein Leib.
Er brдchte doch zum Weinen manch waidliches Weib,
Wenn er begann zu zьrnen: sein Wuchs ist wohl so gut,
Er ist an allen Tugenden ein Ritter kьhn und wohlgemut.” (427)

Da sprach die Kцnigstochter: “Nun bringt mir mein Gewand:
Und ist der starke Siegfried gekommen in mein Land
Um meiner Minne willen, es geht ihm an den Leib:
Ich fьrcht ihn nicht so heftig, dass ich wьrde sein Weib. (428)

Brunhild die schцne trug bald erlesen Kleid.
Da ging an ihrer Seite manche schцne Maid,
Wohl hundert oder drьber; geziert war ihr Leib:
Die Gдste wollte schauen manches waidliche Weib. (429)

Mit ihnen gingen Degen und Isenland,
Brunhildens Recken, die Schwerter in der Hand,
Fьnfhundert oder drьber; das war den Gдsten leid.
Aufstanden von den Sitzen die kьhnen Helden allbereit. (430)

Als die Kцnigstochter Siegfrieden sah,
Wohl gezogen sprach sie zu dem Gaste da:
“Willkommen sied, Herr Siegfried, hier in diesem Land.
Was meinet eure Reise? Das macht mir, bitt ich, bekannt.” (431)

“Viel Dank muss ich euch sagen, Frau Brunhild,
Dass ihr geruht mich grьЯen, Fьrstentochter mild,
Vor diesem edeln Recken, der hier vor mir steht;
Denn er ist mein Herre: der Ehre Siegfried wohl entrдt. (432)

Er ist am Rheine Kцnig, was soll ich sagen mehr?
Nur um deinetwillen fuhren wir hierher.
Er will dich gerne minnen, was ihm geschehen mag.
Nun bedenke dich bei Zeiten: Mein Herr lдsst nimmermehr nach. (433)

Er ist geheiЯen Gunther, ein Kцnig reich und hehr;
Erwirbt er deine Minne, nichts weiter wьnscht er mehr.
Mit ihm bin ich gefahren in dieses Land um dich!
Wenn er mein Herr nicht wдre, so lieЯ ich es sicherlich.” (434)

Sie sprach: “Ist er dein Herre, stehst du in seinem Lehn,
Kann er, die ich erteile, meine Spiele dann bestehn
Und bleibt darin der Meister, so wird ich sein Weib:
Gewinn ich aber eines, es geht euch allen an den Leib.” (435)

Da sprach der Tronje Hagen: “Nun zeigt uns, Kцnigin,
Was ihr fьr Spiel' erteilet. Eh euch den Gewinn
Mein Herre Gunther lieЯe, so mьsst es ьbel sein:
Er getraut wohl zu erwerben ein so schцnes Mдgdelein.” (436)

“Den Stein soll er werfen und springen darnach,
Den Speer mit mir schieЯen: Drum sei euch nicht zu jach.
Ihr kцnnt hier leicht verlieren die Ehr und auch den Leib:
Das geb ich zu bedenken,” sprach das minnigliche Weib. (437)

Siegfried der schnelle ging vor den Kцnig hin
Und bat ihn frei zu reden mit der Kцnigin
Ganz nach seinem Willen; angstlos soll' ersein:
“Ich will dich wohl beschьtzen vor ihr mit den Listen mein.” (438)

Da sprach der Kцnig Gunther: “Kцnigstochter hehr:
Erteilt mir was ihr wollet und wдr es auch noch mehr,
Das bestдnd ich alles um euern schцnen Leib:
Mein Haupt will ich verlieren, so ihr nicht werdet mein Weib.” (439)

Als da seine Rede vernahm die Kцnigin,
Bat sie, wie ihr geziemte, das Spiel nicht zu verziehn.
Sie lieЯ sich zum Streite bringen ihr Gewand,
Einen goldnen Panzer und einen gutes Schildesrand. (440)

Ein Waffenhemd von Seide zog sich an die Maid,
Das konnte keine Waffe verletzen je im Streit,
Von Zeugen wohl geschaffen aus Libya dem Land:
Lichtgewirkte Borten ergдnzten an seinem Rand. (441)

Derweilen hatt ihr Ьbermut den Gдsten schwer bedrдut:
Dankwart und Hagen die standen unerfreut;
Wie es dem Herrn erginge besorgte sehr ihr Mut;
Sie dachten: “Unsre Reise bekommt uns Recken nicht gut.” (442)

Derweilen war auch Siegfried, der waidliche Mann,
An das Schiff gegangen, eh wer darьber sann,
Wo er die Tarnkappe verborgen liegen fand,
In die er hurtig schlьpfte; da ward er niemand bekannt. (443)

Er eilte bald zurьcke, da sah er Recken viel;
Es ordnete die Kцnigin allda ihr hohes Spiel.
Er ging hinzu verstohlen und dass ihn niemand sah
Von allen die da waren; gar listiglich das geschah. (444)

Es war ein Kreis gezogen, wo das Spiel geschehn
Vor kьhnen Recken sollte, die es wollten sehn.
Wohl an siebenhundert sah man Waffen tragen:
Wer den Sieg errungen, das sollten sie nach Wahrheit sagen. (445)

Da war Brunhild gekommen, die man gewaffnet fand,
Als ob sie streiten wolle nun aller Kцnge Land.
Wohl trug sie auf der Seide der Stдblein viel von Gold;
Ihre lichte Farbe glдnzte darunter hold. (446)

Nun kam ihr Gesinde, das trug an der Hand
Aus allrotem Golde einen Schildesrand
Mit hartem Stahlbeschlage, mдchtig groЯ und breit,
Worunter spielen wollte diese minnigliche Maid. (447)

An einer edeln Borte ward ihr Schild getragen,
Darauf Edelsteine, wie Gras so grьne, lagen;
Die warfen mannigfaltig Gefunkel auf das Gold.
Der bedurfte groЯe Kьhnheit, dem die Jungfrau wurde hold. (448)

Der Schild war untern Buckeln, so hat man uns gesagt,
Von dreier Spannen Dicke; den trug hernach die Magd.
An Stahl und auch an Golde war er reich genug,
Den ihrer Kдmmrer einer mit Mьhe selbvierter trug. (449)

Als der Degen Hangen den Schild hertragen sah,
Wie sprach mit gemeinem Mute der Held von Tronje da:
“Wie nun, Kцnig Gunther? Wie verlieren wir den Leib?
Die ihr begehrt zu minnen, die ist wohl des Teufels Weib.” (450)

* Nun hцrt von den Gewanden, woran sie reich genug:
Von Azagoger Seide einen Wappenrock sie trug,
Der war reich und edel, davon warf hellen Schein
Von der Kцnigstochter gar mancher herrliche Stein. (451)

Da brachte man der Frauen, schwer und ьbergroЯ,
Einen scharfen WurfspieЯ, den sie stets verschoss,
Stark und ungefьge, mдchtig und breit zumal:
Der hatt an seinen Seiten zwei Schneiden von scharfem Stahl. (452)

Von des SpieЯes Schwere hцret Wunder sagen:
Viertehalb Stab Eisen war dazu verschlagen.
Ihn trugen kaum dreie von Brunhildens Bann;
Gunther der edle darum zu sorgen begann. (453)

* Er dacht in seinem Sinne: Was soll dieses sein?
Der Teufel aus der Hцlle, wie kцnnt er hier gedeihn?
Wenn ich lebend wieder in Burgonden wдr,
Ihr schьfe meine Minne wohl selten groЯe Beschwer. (454)

* Er hatt in seinen Sorgen, das wisset, Leid genug.
All sein Kampfgerдte man ihm zur Stelle trug:
Bald stand der reiche Kцnig in seiner Waffen Hut;
Vor Leide hatte Hagen fast gar verloren den Mut. (455)

Da sprach Hagens Bruder, der kьhne Dankwart:
“Mich reuet in der Seele diese Hofesfahrt.
Die immer Recken hieЯen, wie verlieren wir den Leib!
Soll uns in diesem Lande nun verderben ein Weib? (456)

Des bin ich sehr verdrossen, dass ich kam in dieses Land.
Hдtte Bruder Hagen seine Waffen an der Hand
Und auch ich die meinen, so sollten sich in Hut
Brunhildens Recken nehmen mit all ihrem Ьbermut. (457)

* “Sie sollten sich bescheiden, das glaubet mir nur;
Hдtt ich den Frieden tausendmal bestдrkt mit einem Schwur,
Bevor ich sterben sдhe den lieben Herren mein,
Das Leben mьsste lassen dieses schцne Mдgdelein.” (458)

“Wir mцchten ungefangen wohl rдumen dieses Land,”
Sprach sein Bruder Hagen, “hдtten wir das Gewand,
Das wir zum Streit bedьrften und die Schwerter gut,
So sollte sich wohl geben der schцnen Fraue Ьbermut.” (459)

Wohl hцrte was er sagte die Fraue wohlgetan;
Sie sah ihn ьber Achsel lachenden Mundes an.
“Nun er so kьhn sich dьnket, so bringt doch ihr Gewand,
Ihre scharfen Waffen gebt den Degen an die Hand. (460)

* “Es kьmmert mich so wenig, ob sie gewaffnet sind,
Als ob sie bloЯ da stьnden,” so sprach das Kцnigskind.
“Ich fьrchte niemands Stдrke, den ich noch je gekannt;
Ich mag auch wohl genesen im Streite vor des Kцnigs Hand.” (461)

Als sie die Schwerter hatten, nach der Maid Gebot,
Dankwart der kьhne ward vor Freuden rot.
“Nun spielet, was ihr wollet,” so sprach der Degen wert,
“Gunther ist unbezwungen, wir haben wieder unser Schwert.” (462)

Brunhildens Stдrke zeigte sich nicht klein:
Man trug ihr zu dem Kreise einen schweren Stein,
GroЯ und ungeheuer, rund und stark und breit.
Ihn trugen kaum Zwцlfe dieser Degen kьhn im Streit. (463)

Den warf sie allerwegen, wie sie den SpieЯ verschoss.
Darьber war die Sorge der Burgonden groЯ.
“Wen will der Kцnig werben?”, sprach Herr Hagen laut:
“Sie mag wohl in der Hцlle sein des bцsen Teufels Braut.” (464)

An ihre weiЯen Arme sie die Дrmel wand,
Sie begann zu fassen den Schild mit der Hand,
Sie schwang den SpieЯ zur Hцhe: da ging es an den Streit.
Die fremden Gдste bangten vor Brunhildens Zorn und Neid. (465)

Und wдr ihm da Siegfried zu Hilfe nicht gekommen,
So hдtte sie das Leben Gunthern wohl benommen.
Er nahte sich verstohlen und rьhrte seine Hand;
Gunther seine Kьnste mit groЯen Sorgen befand. (466)

* “Was hat mich berьhret?”, dachte der kьhne Mann,
Und wie er um sich blickte, da traf er niemand an.
Er sprach: “Ich bin es, Siegfried, der Geselle dein:
Du sollst mir ohne Sorge vor der Kцnigin sein.” (467)

Er sprach: “Gib aus den Hдnden den Schild, lass mich ihn tragen.
Behalte wohl im Sinne, was du mich hцrest sagen:
Du habe die Gebдrde, ich will das Werk bestehn.”
Als er ihn erkannte, da war ihm Liebes geschehn. (468)

* “Verhehl auch meine Kьnste, die darfst du niemand sagen;
So mag die Kцnigstochter wenig Ruhm erjagen
An deinem edeln Leben, worauf ihr sinnt der Mut.
Nun sieh doch, wie so furchtlos vor dir die Kцnigin tut.” (469)

Da schoss mit groЯen Krдften die herrliche Maid
Auf einen neuen Schildrand, mдchtig und breit,
Den trug an seiner Linken der Siegelinde Kind:
Das Feuer sprang vom Stahle als ob es wehte der Wind. (470)

Des starken SpieЯes Schneide den ganzen Schild durchdrang,
Dass das Feuer lohend aus den Ringen sprang.
Von dem Schuss strauchelten die kraftvollen Degen:
War nicht die Tarnkappe, sie wдren beide tot erlegen. (471)

Siegfried dem kьhnen vom Munde brach das Blut.
Bald hatt er sich ermannet: da nahm der Degen gut
Den SpieЯ, den sie geschossen ihm hatte durch den Rand:
Den warf ihr bald zurьcke des starken Siegfriedes Hand. (472)

* Er dacht: “Ich will nicht schieЯen das schцne Mдgdelein.”
Des SpieЯes Schneide kehrt' er hinter den Rьcken sein;
Mit der Speerstange schoss er auf ihr Gewand,
Dass es laut erhallte von seiner kraftreichen Hand. (473)

Das Feuer stob vom Panzer, als trieb' es der Wind.
Es hatte wohl geschossen Kцnig Siegmunds Kind;
Ihr reichten nicht die Krдfte vor solchem Schuss zu stehn:
Das wдr von Kцnig Gunthern in Wahrheit nimmer geschehn. (474)

Brunhild die Schцne bald auf die FьЯe sprang.
“Edler Ritter Gunther, des Schusses habe Dank!”
Sie wдhnte noch, er hдtt es mit seiner Kraft getan;
Nein, gefдllet hatte sie ein viel stдrkerer Mann. (475)

Da trat sie hin geschwinde, zornig war ihr Mut,
Den Stein hoch erhob sie, die edle Jungfrau gut;
Sie schwang ihn mit Krдften weithin von der Hand,
Dann sprang sie nach dem Wurfe, dass laut erklang ihr Gewand. (476)

Der Stein war geflogen zwцlf Klafter von dem Schwung:
Die Jungfrau wohl geschaffen erreicht' ihn doch im Sprung.
Hin ging der schnelle Siegfried, wo der Stein nun lag:
Gunther musst ihn wдgen, des Wurfs der Verholne plag. (477)

Siegfried war verwogen, krдftig und lang;
Den Stein warf er ferner, dazu er weiter sprang:
Von seinen schцnen Kьnsten empfing er Kraft genug,
Dass er in dem Sprunge den Kцnig Gunther noch trug. (478)

* Der Sprung, der war ergangen, der Stein lag nun da,
Gunther wars, der Degen, den man einzig sah.
Brunhild die schцne ward vor Zorne rot;
Gewendet hatte Siegfried dem Kцnig Gunther den Tod. (479)

Zu ihrem Ingesinde sprach laut die Fьrstin da,
Als sie gesund den Helden an des Kreises Ende sah:
“Ihr meine Freund und Mannen, tretet gleich heran:
Ihr sollt dem Kцnig Gunther alle werden untertan.” (480)

Da legten die Kьhnen die Waffen von der Hand,
Und boten sich zu FьЯen von Burgondenland
Gunther dem reichen, so mancher kьhne Mann:
Sie wдhnten all, er hдtte das Spiel mit seiner Kraft getan. (481)

Er grьЯte sie gar minniglich: Wohl war er tugendreich.
Da nahm ihn bei den Hдnden das Mдgdlein ohne gleich:
Sie erlaubt' ihm zu gebieten in ihrem ganzen Land;
Da freuten des sich alle die Degen kьhn und gewandt. (482)

Sie bat den edeln Ritter mit ihr zurьck zu gehn
Zu dem weiten Saale. Als das war geschehn,
Da bot man den Recken der Dienste desto mehr:
Dankwart und Hagen, die litten es ohne Wehr. (483)

Siegfried der schnelle weise war genug,
Dass er die Tarnkappe zum Schiffe wieder trug;
Dann ging er zu dem Saale, wo manche Fraue saЯ,
Und er mit andern Degen alles Leides vergaЯ. (484)

* “Was sдumet ihr, mein Herre? Was beginnt ihr nicht die Spiel',
Euch will die Kцnigstochter erteilen doch so viel,
Und lasst uns bald erschauen, wie es damit bestellt?”
Als wьsst er nichts von allem, so tat der listige Held. (485)

* Da sprach die Kцnigstochter: “Wie konnte das geschehn,
Dass ihr nicht habt die Spiele, Herr Siegfried, gesehn,
Worin hier obsiegte Kцnig Gunthers Hand?”
Zur Antwort gab ihr Hagen aus der Burgonden Land: (486)

* Er sprach: “Da habt ihr, Fraue, uns betrьbt den Mut:
Da war bei dem Schiffe Siegfried der Degen gut,
Als der Vogt vom Rheine das Spiel euch abgewann;
Drum ist es ihm unkundig,” sprach der Held in Gunthers Bann. (487)

“Nun wohl mir dieser Mдre,” sprach Siegfried der Degen,
“Dass hier eure Hochfahrt also ist erlegen,
Und jemand lebt, der euer Meister mцge sein.
Nun sollt ihr, edle Jungfrau, uns hinnen folgen an den Rhein.” (488)

Da sprach die Wohlgetane: “Das mag noch nicht geschehn:
Erst frag ich meine Vettern, und die in meinem Lehn.
Ich darf ja nicht so leichthin verlassen dieses Land:
Meine besten Freunde, die werden erst noch besandt.” (489)

Da lieЯ sie ihre Boten nach allen Seiten gehn:
Sie besandte ihre Freunde und die in ihrem Lehn,
Dass sie zum Isensteine kдmen unverwandt;
Einem jeden lies sie geben reiches, herrliches Gewand. (490)

Da ritten alle Tage, beides, spдt und frьh,
Der Veste Brunhildens die Recken scharweis zu.
“Nun jadoch,” sprach da Hagen, “was haben wir getan?
Wir erwarten uns zum Schaden der schцnen Brunhilde Bann. (491)

Wenn sie mit ihren Krдften kommen in dies Land,
Der Kцnigin Gedanken, die sind uns unbekannt:
Wie, wenn sie also zьrnet, dass wir sind verloren?
So ist das edle Mдgdlein uns zu groЯen Sorgen geboren!” (492)

Da sprach der starke Siegfried: “Dem will ich widerstehn.
Was euch da Sorge schaffet, das lass ich nicht geschehn:
Ich will euch Hilfe bringen her in dieses Land
Durch auserwдhlte Recken: Die sind euch noch unbekannt. (493)

Ihr sollt nach mir nicht fragen, ich will von hinnen fahren;
Gott mag eure Ehre derweilen wohl bewahren.
Ich komme bald zurьcke und bring euch tausend Mann
Der allerbesten Degen, deren ich Kunde je gewann.” (494)

“So bleibt auch nicht zu lange,” der Kцnig sprach da so,
“Wir sind aus guten Grьnden eurer Hilfe froh.”
Er sprach: “Ich komme wieder gewiss in wenig Tagen;
Dass ihr mich weg gesendet sollt ihr der Kцnigin sagen.” (495)



8. Abenteuer
Wie Siegfried zu den Nibelungen fuhr


Von dannen ging da Siegfried zum Hafen an den Strand
In seiner Tarnkappe, wo er ein Schifflein fand;
Darin stand ungesehn Kцnig Siegmunds Kind:
Er fьhrt' es bald von dannen, als ob es wehte der Wind. (496)

Den Schiffmeister niemand sah: Das Schifflein lustig floss
Von Siegfriedens Krдften, die waren also groЯ.
Da wдhnten sie, es fьhr es ein eigner starker Wind:
Nein! Es fьhrt' es Siegfried, der schцnen Siegelinde Kind. (497)

Nach des Tags Verlaufe und in der einen Nacht
Kam er zu einem Lande von gewaltger Macht,
Es war wohl hundert Rasten und noch darьber lang,
Das Land der Nibelungen, wo er den groЯen Schatz errang. (498)

Der Degen fuhr alleine nach einem Werder breit,
Sein Schifflein band er feste, der Degen allbereit.
Er kam zu einem Berge, drauf eine Burg gelegen,
Und suchte Herberge, wie die Wegemьden pflegen. (499)

Da kam er vor die Pforte, die ihm verschlossen stand:
Sie bewachten ihre Ehre, wie Sitte noch im Land.
Ans Tor begann zu klopfen der unbekannte Mann;
Das wurde wohl behьtet: da traf er innerhalben an (500)

Einen Ungefьgen, der da der Wache pflag,
Bei dem zu allen Zeiten seine Waffe lag.
Der sprach: “Wer pocht so heftig da drauЯen an das Tor?”
Da verkehrte seine Stimme der kьhne Siegfried davor. (501)

Und sprach: “Ich bin ein Recke, schleuЯ mir auf das Tor:
Sonst erzьrn ich Manchen heute noch davor,
Der gern in Ruhe lдge in seinem Schlafgemach.”
Das дrgerte den Pfцrtner, als da Siegfried also sprach. (502)

Der kьhne Riese hatte nun seine Rьstung angetan,
Den Helm aufs Haupt geschwungen, der gewaltge Mann,
Den Schild erhob er balde, so stieЯ er auf das Tor:
Wie lief er da so grimmig den Helden Siegfried an davor! (503)

“Wie er zu wecken wage so manchen kьhnen Mann?”
Da wurden schnelle Schlдge von seiner Hand getan.
Der edle Fremdling schirmte sich vor manchem Schlag:
Da hieb ihm der Pfцrtner in Stьcke seines Schilds Beschlag (504)

Mit einer Eisenstange: Da litt der Degen Not;
Beinah begann zu fьrchten der Held den grimmen Tod,
Als mit solchen Krдften der Pfцrtner auf ihn schlug.
Dafьr war ihm gewogen sein Herre Siegfried genug. (505)

Sie stritten so gewaltig, die Burg gab Widerhall.
Da hцrte man das Tosen in der Nibelungen Saal.
Er zwang zuletzt den Pfцrtner so, dass er ihn band;
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